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Landschaft - Im Ostseeraum

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Bornholm

Der Mensch auf Bornholm

Ein paar wenige Streiflichter auf eine lange, komplexe Geschichte...
 
Bornholm ist besonders reich an archäologischen Stätten. Erste Hinweise auf die Anwesenheit von Menschen  stammen aus der Zeit von 9000-8000 v. Chr. Damals, nach dem Rückgang des Eises, durchstreiften nomadisierende Rentierjäger die offene Tundra der Ostseeniederung.
Die spätere, jungsteinzeitliche Trichterbecherkultur (erste Ackerbaukultur) ist durch mehrere erhaltene Ganggräber belegt (3500 - 2800 v. Chr.). Da war Bornholm bereits zur Insel geworden.
 
Ganggrab bei Arnager
 
 

Aus der Bronzezeit (1700 - 500 v. Chr.) sind eine Reihe von Grabanlagen bekannt. Oftmals standen in ihrer Nähe Bautasteine  -  aufrecht stehende Steine, auch in Form hoher schlanker Stelen, ohne Inschrift. Die Steine können im Kontext größerer Steinsetzungen, an Kultstätten oder einzeln stehen. Zu bedenken ist dabei, dass der heute vorhandene Bestand lückenhaft ist. Innerhalb Dänemarks weist Bornholm zwar immer noch die größte Anzahl an Bautasteinen auf, aber von den geschätzt einst rund 1000 sind heute nur etwa 250 erhalten. Der größere Teil an Steinsetzungen befindet sich im Norden der Insel.
                                                                                 kreisförmige Steinsetzung bei Tejn, Nordküste
 
  Bautasteine
bei Egeby,
in den Paradisbakkerne
(Nasken)
und bei Tejn
Ebenfalls in die Bronzezeit, in die Zeit 9.-5. Jh. v. Chr., gehören mehrere Areale mit Felsritzungen in der Umgebung von Allinge. Die vom Eis bloß gelegten und glatt geschliffenen Flächen des Granits (hier Hammer-Granit) boten sich für das Eingravieren der Bildzeichen an. Gut dokumentiert und für Besucher zugänglich ist die Anlage bei Madsebakke. Zur Kenntlichmachung wurden die Ritzungen einer Farbbehandlung unterzogen. Die zu verschiedenen Zeiten entstandenen Motive stellen vor allem Schiffe dar, auch einige Radkreuze (Sonnensymbole) und Fußbilder, dazu viele Schalengruben. Eine Quelle am Ort und weitere landschaftliche Hinweise lassen auf ein altes Heiligtum schließen (Infotafel am Ort).
Literatur: Kaul, F, M Stoltze, F O Nielsen og G Milstreu 2005: Helleristninger.
als PDF hier: Flere udgravninger ved helleristninger på Bornholm. En kort oversigt
 
Die Entwicklung der Runenschrift ermöglichte eine neue Form der bislang als wortloser Stein gesetzten Bautasteine. Jetzt konnte der aufgerichtete Stein Träger einer Botschaft, einer spezifischen Aussage sein. Er wurde es meist zur Erinnerung an eine bedeutende Person oder zur Ehre eines gefallenen Kriegers.
Auf Bornholm sind ca. 40 Runensteine gelistet. Sie entstanden hier allerdings nicht in der Wikingerzeit, sondern erst im frühen Mittelalter (als im übrigen dänischen Raum der Gebrauch der Runenschrift bereits an sein Ende gekommen war) - ab 1100 n. Chr. So geben sie vielfach Zeugnis des Übergangs von der vorchristlichen zur christlichen Zeit, indem sie zwar die alte Runenschrift und Darstellungsform verwenden, dem gedenkenden Text aber einen christlichen Segenswunsch anfügen. Die Steine wurden an der Kirche aufgestellt.
Es dauerte aber wohl nicht lange und der Respekt vor diesen alten Gedenksteinen schwand. Das fand seinen Ausdruck in ihrer Verwendung als Baustein  -  sie hatten keinen eigenen Wert mehr für sich selbst, sondern wurden als Baustein funktionelles Glied in einem neuen größeren Ganzen. Die Runensteine wurden in Gebäuden (Kirchen) oder in Mauern verbaut. So zum Beispiel in der Kirche zu Østermarie.
 
Die alte Kirche zu Østermarie und ihre Runensteine
Es gab im Mittelalter 2 Marienkirchen auf Bornholm. Um sie zu unterscheiden, wurden sie als die "östliche" und die "westliche" bezeichnet. So kam es zu "Vestermarie" und "Østermarie".
Die beiden alten, romanischen Kirchen mussten im 19. Jh. auf Grund der eingetretenen Baufälligkeit durch neue (nun neoromanische) Bau-ten ersetzt werden. Vor allem wegen ihrer ungewöhnlichen Decken-konstruktion - ein schweres, doppeltes Tonnengewölbe (Bild rechts) - wurde der vollständige Abriss der Kirche zu Østermarie verhindert und die Ruine unter Denkmalschutz gestellt. Die Kirche war ein massiver Bau, in Mischbauweise aus Feldsteinen und Kalksteinquadern.  
Zwischen der Ruine und der neuen Kirche sind heute vier Runensteine aufgestellt:
Beim Abriss konnte ein als Türschwelle am Kvarnhaus verbauter Runenstein gesichert werden, No 3. Auch ein weiterer Runenstein war, in drei Stücke gebrochen, in der Kirche verbaut gewesen, No 2.
Auf dem Friedhof wurde ein dritter Stein dicht unter der Oberfläche gefunden, No 5. Ein als No 1 dem Ort Østermarie zugerechneter Runenstein steht heute bei der Kirche zu Svaneke (Gyldenså-stenen; Øster Marie 1 runsten) und der Runenstein No 4 von Østermarie steht in einen kleinen Hain südlich der Brücke, bei Gyldensø, östlich von Østermarie.
                                                                                                    (Aufnahme: DP)
 
Stein No 2, aus 3 Frag-menten  zusammenge-setzt.
Text: "Barne, Sibbe und Tue errichten den Stein nach ihrem Vater Keld. Christus helfe seiner Seele."
Stein No 3, im Sockelbereich als offenlie-gende Türschwelle unlesbar abgeschliffen.
 
Text: „Barne und Tue und Asgot ließen den Stein in Erinnerung an Sibbi, ihren Bruder, aufstellen. Möge Christus (seiner) Seele helfen“.

In die Rückseite des Steins No 3 ist ein Sonnensymbol graviert  -  es zeigt die geflügelte Sonnescheibe. 




Stein No 5, im Friedhof, knapp unter der Ober-fläche, gefunden.
Text: "Auður, Sveinn und Auðgeirr errichteten diesen Stein in Erinnerung an Gunnulv, ihren guten Bru-der, und an Gunhild, ihre Mutter“ (Aufnahme: DP)
 
Das Christentum hatte den Kirchenbau mitgebracht.
Zwischen 1150 und 1250 entstanden 15 romanische Kirchen, darunter als eine Besonderheit der Insel 4 Rundkirchen.
 
Eine herausragende Stellung hatte von Anfang an die Aa Kirche im Zentrum der Insel, sie war ausersehen, Bornholms Hauptkirche zu werden. Heute liegt sie im mitten im Ort Aakirkeby (der nach ihr benannt wurde).
Ab 1150 wurde mit dem Bau begonnen  - und in Etappen fortgesetzt, wie man an dem variierenden Baumaterial erkennen kann. Ungewöhnlich - aber auf Bornholm mehrmals anzutreffen -  ist der quergebaute Doppelturm mit seiner wehrhaften Westfront. Die Aa Kirche (benannt übrigens nach den 2 Auen, zwischen denen sie liegt) ist die nach wie vor die größte Kirche der Insel.
   
Rostbrauner Schiefer und heller Sandstein aus der Umgebung wurden in den ersten Bauphasen verwendet: in Chor, Apsis und unterem Teil der Kirchenmauer.
Das Mauerwerk ist in der Tat ungewöhnlich, in Partien sehr regelmäßig, an anderen Stellen nahezu chaotisch. Es wird die Mitarbeit von Handwerkern aus Lund wie auch von wenig gelernten lokalen Leuten vermutet. Im Sockelbereich des Turmes wurde silurischer Kalkstein verwendet, später mit gemischtem Steinsortiment weitergebaut.

Gebankter Kalkstein ließ sich in größeren Platten gut verarbeiten, war aber augenscheinlich nicht ausreichend vorhanden.

 
Als weiteres Beispiel der wehrhaften romanischen Kirchen erwähnt sei die Bodils Kirke westlich von Nexø. Um 1200 wurden zunächst Schiff, Chor und Apsis gebaut, wenig später der mächtige, vierstöckige (ebenfalls wehrhaft quer-stehende) Turm mit seinen meterdicken Wänden. Der separate, zweigeschossige Glockenturm ist Teil der Kirchen-mauer. Er diente als Pforte, im Notfall auch der Verteidigung.
Bei einer Renovierung wurden im Mauerwerk verbaut 5 Runensteine gefunden, 2 davon stehen heute in der Vorhalle, die im 16. Jh. angefügt worden war. An der inneren Vorhallenwand neben einem der Runensteine sind in einem eigenen Feld flache Sandsteine unterschiedlicher Färbung (Nexø-Sandsteine) im Fischgrätmuster gemauert. Ein solches Muster wird seit der Antike dekorativ eingesetzt, im Mittelalter und darüber hinaus aber auch (vergleichbar den Schach-brettsteinen) in einem apotropäischen Sinn (d. h. Unheil abweisend) verwendet. Das ist mit einiger Sicherheit dann der Fall, wenn ein solches Muster nicht als dekoratives Band die architektonischen Formen begleitend erscheint, sondern als kleines, eigenes Bildfeld.
Da das Mauerwerk dieser alten Kirche heute, wie gerne in Dänemark, auch außen unter weißer Farbe verborgen ist, können solche interessanten Details unerkannt bleiben.
 
 
Die weißen Rundkirchen  -  ein Wahrzeichen der Insel
Auch sie entstanden in der Zeit ab 1150 (Østerlars) bis Ende des 13. Jh. (Nyker). Ihre besondere Bauform diente einer Doppelfunktion: Kultstätte zu sein und zugleich als Wehrkirche der Bevölkerung Schutz zu bieten bei drohenden Angrif-fen  -  damals beispielsweise durch Seeräuber, die häufig die reiche Insel heimsuchten oder seitens der slawischen Wenden, die gegen die wachsende Vorherrschaft der Dänen und Deutschen im südlichen Ostseeraum kämpften.
Die Schutzfunktion wurde durch mehrere Maßnahmen erreicht:
-  durch den Gebäudetyp eines Rundbaus. Es gab um die Kirche herum keine toten Winkel bzw. Versteckmöglichkeiten.
-  durch festungsartig verstärkte Außenmauern,
-  durch eine dreigeschossige Anlage, wobei der untere Teil ursprünglich fensterlos war  -  und erst im oberen Geschoß
    das begehbare Flachdach einen Wehrgang mit Schießscharten hatte, der die Verteidigung in alle Richtungen zuließ,
-  durch enge, gut zu verteidigende Aufgänge in das 2. und 3. Geschoß. Das mittlere Geschoß war im Notfall Schutz-
    raum für Frauen und Kinder, es wurde in Friedenszeiten als Lagerraum für Vorräte genutzt.
-  Um die Rundum-Wehrhaftigkeit zu gewährleisten, stand der Glockenturm gesondert.
Die massiven Stützpfeiler, die Østerlars und Ols Kirke aufweisen, gab es ursprünglich nicht. Sie wurden für Østerlars erst nötig, als das ursprünglich flache Dach (mit Wehrgang) durch das schwerere, kegelförmige Dach ersetzt wurde und für Ols Kirke erst im 19. Jh., als Bodensackungen die Statik gefährdeten.
 
Die Rundkirche von Østerlars
"Lars" ist die dänische Form für Laurentius, diesem römischen Heiligen war die Kirche von Østerlars geweiht.
Sie ist die größte der vier Bornholmer Rundkirchen  -  und vermutlich die älteste, um 1150 errichtet. Und sie wurde in besonderer Weise wehrhaft gebaut: Das Außenmauerwerk ist ca. 2, 50 m dick (!), mit einer Außen- und Innenseite aus großen Feldsteinen, der Zwischenraum aufgefüllt mit Kies und Erde. Es gab ursprünglich weder die größeren Fenster unten noch die Stützpfeiler, die Vorhalle und das Kegeldach. Das Bauwerk war ein runder, flachgedeckter Wehrturm, der einen Kirchenraum enthielt  -  ein äußerst wehrhaftes und zugleich kunstvolles Gebäude. Eine gute Beschreibung ist zu finden unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Kirche_von_%C3%98sterlars.
Die Kirche von Westen,
rechts die Vorhalle. Hinter den kleinen Fensteröffnungen oben befand sich ursprünglich ein offener Wehrgang, erkennbar im Schnitt rechts.
Schnitt durch das Bauwerk im 19.Jh.
Der begehbare, ringförmige Mittel-pfeiler hat unten einen Durchmesser von 6 m. Skizze aus: J.P Trap: Danmark, 3.udgave 1899 og
Der Grundriss des unteren Geschosses.
Bildquelle s. u. = 2. Link (europeana)
Der Glockenturm stand gesondert westlich des Rundbaus.
 
Die Sankt Ols Kirke erscheint schlanker als die übrigen Rundkirchen. Das hat zum einen seinen Grund darin, dass sie nur zwei der vorragenden Stützpfeiler hat (neben der Vorhalle, sie erwiesen sich im 19. Jh. aus statischen Gründen als erforderlich, da der Untergrund nachgab). Zum anderen ist sie tatsächlich mit 26 Metern höher gebaut als die anderen drei. Ein mächtiger, runder Mittelpfeiler und die Außenmauern tragen das Gewicht der Geschosse. Auch hier befindet sich unten der Kirchenraum (von der einstigen Ausmalung sind leider nur Reste erhalten), im 1. Geschoss der Schutzraum, und die obere Etage diente der Verteidigung. Dort gab es ursprünglich ebenfalls den obligatorischen Wehrgang, hier mit nur 9 Schießscharten. Auf dem Dach der Vorhalle steht eine Holzfigur  -  St. Olaf, Schutzpatron und Namengeber der Kirche  - sieghaft über einer Drachenschlange.
 Die Olskirke von Osten, Apsis und Chor
Die Vorhalle mit der Holzfigur von
St. Olaf, Stützpfeiler
St. Olaf als Schlangebezwinger
Mittelpfeiler im Kirchenraum, Bildquelle s. u.1** Der Schutzraum im 1. Geschoss, Bildquelle s. u. 2**
 
Die Bauform der Kirche von Nylars entspricht den beiden zuvor genannten Rundkirchen: ein Rundbau plus Chor und Apsis mit einer festungsartig massiven Außenmauer, drei Stockwerke (Kirchenraum mit Mittelsäule, ein enger Aufgang zum Schutzraum darüber wie auch zum Verteidigungsgeschoss mit Brustwehr und Flachdach). Nylars Kirke ist in ihrem Erhaltungszustand authentischer als die anderen. Von den ursprünglich einzigen, sehr schmalen romanischen Fenstern im Erdgeschoss der Bornholmer Kirchen ist ein letztes hier in der Nylarsker Kirche erhalten. Diese Fenster waren schießschartenartig so schmal, dass kein Erwachsener sich durchzwängen konnte. Ebenfalls gut erhalten ist die Ausmalung des Kirchenraums mit Fresken von 1250. Das Äußere der Kirche war allerdings nicht (noch lange nicht) weiß gekalkt.
Infos u. a. https://www.bornholm-ferien.de/rundkirche-nylars.php und https://de.wikibrief.org/wiki/Nylars_Church.
Die Kirche von Süden, heute vom Friedhof umgeben, mit Vorhalle (von 1879), Kegeldach (aufgesetzt im 16. Jh.) und freistehendem Glockenturm Die Kirche mit Chor, Apsis und Vorhalle von Südosten. Die größeren Fenster, im Kirchenraum und im Chor stammen aus ungenannter späterer Zeit. Der Glockenturm war zunächst Torturm in der Kirchenmauer - noch ohne Fachwerkgeschoss. Die romanische Südtür (sie führt heute von der Vorhalle in den Kirchenraum). Blick in Chorraum und Apsis. Das Taufbecken (von 1150) aus gotlän-dischem Kalkstein
 
In der Vorhalle sind zwei Runensteine aufgestellt. Sie werden auf die Zeit zwischen 1075 und 1125 n. Chr. datiert  und wurden bei Arbeiten im Bereich des Fundamentes gefunden (in einer nicht doku-mentierten Zeit vor dem 17. Jh.).
Die Inschrift des ersten, etwas beschädigten, 186 x 146 cm messen-den Steins lautet:
  "Kåbe Sven errichtete diesen Stein nach seinem Sohn Bøse, ein (wohlgeborener)
   Junge", der im Kampf bei Utlängan (= Insel im Blekinger Schärengarten) getötet
   wurde. Gott der Herr und Sankt Michael helfe seinem Geist."
Die Inschrift des zweiten Steins - mit dem Motiv eines Kreuzes, das von einem Schlangenband umwunden wird, lautet:
 
"Sasser ließ diesen Stein errichten nach seinem Vater Alvard (Halvard), er ertrank
   draußen mit der ganzen Besatzung. Christ helfe seiner Seele in aller Ewigkeit. Dieser
   Stein soll als Gedenkstein stehen."
 
 
  Die mächtige Mittelsäule (errichtet aus Kalkstein von Limensgade) trägt - gemeinsam mit der 2 m starken Außenmauer - das Ringgewölbe des Erdgeschosses. Als im späten 19. Jh. im Zuge einer Restauration im Innenraum weiße Farbe entfernt wurde, kam ein
Fries
romanischer Fresken zum Vorschein. Von den einst sieben Szenen sind sechs erhalten, sie stellen Motive der Schöpfungsgeschichte dar.
 
 
 
Hammershus  -  der größte mittelalterliche Burgruinen-Komplex Nordeuropas
Bornholm war (und ist) eine fruchtbare und reiche Insel. Während der Wikingerzeit unterstand sie der Herrschaft eines lokalen Jarls, der sich jedoch Ende des 10 Jh. den Dänen unterwerfen musste. Mit den Dänen kam das Christentum  -  und in der Folge zwangsläufig eine Einbindung in die anhaltenden Interessen- und Machtkonflikte zwischen dem däni-schen Königshaus und der Kirche. Denn 1149 vermachte König Svend Grathe Teile der Insel dem Bistum Lund. Der dänische König regierte von der Lilleborg in Almindingen, Lund errichtete ab ca. 1150 die Festung Hammershus.
Das Bistum Lund erwies sich als stärker. Die Lilleborg wurde zerstört. Allerdings lag ab dem 14. Jh. doch die eigentliche Macht bei der immer mächtigeren Hanse, 1525 wurde Bornholm sogar für 50 Jahre vom verschuldeten dänischen König an die Lübecker Hanse verpfändet, die eine erdrückende Herrschaft über die Insel ausübte. Sie erzwangen von den Bornholmern unter anderem den massiven Ausbau der Burganlage Hammershus mit weiteren Wällen, Vorburgen, Mauern und Türmen. Bornholm lag zweifellos an einem für den Ostseehandel strategisch wichtigen Punkt. Das für Bornholm mit Repressalien, Aufständen und Kämpfen sehr unruhige 16. Jahrhundert endete schließlich mit dem Friedensvertrag von Kopenhagen (im Jahr 1600), in dem Bornholm an die dänische Krone gegeben wurde, jedoch viele eigene Privilegien erhielt.
Hammershus verlor seine militärische Bedeutung, als neuzeitliche Schusswaffen das mittelalterliche Waffenarsenal ablösten.
1684 baute Christian V. auf Christansø eine neue zeitgemäße Festungsanlage. Für einige Zeit war Hammershus noch Gerichtsort, wurde 1743 aber endgültig aufgegeben  -  und zum Abriss freigegeben. Der Zerstörung der Burg wurde erst 1822 Einhalt geboten, als sie per königlicher Verordnung unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Erste Restaurierungsarbeiten begannen und laufen bis heute weiter  - um den Bestand zu sichern und die Anlage für Besucher begehbar und erlebbar zu machen.
 
 Die zentrale Burg  -  mit aktuell eingerüstetem Manteltårn und mittels Ziegelwerk ausgebesserten
Fensteröffnungen in einem Lübecker Turm (Foto: DP)
 
Der granitene Grundfels von Nordbornholm wurde in seiner Oberfläche durch das von Nordosten und Osten kommende Landeis bloß gelegt und glatt geschliffen. Die Klippen zum Meer hin sind jedoch steil, stellenweise stark zerklüftet, insbesondere im Westen. Die 74 m hoch über der See aufragende, exponierte Kuppe von Hammershus war deshalb ideal geeignet für den Ausbau einer Burganlage. Sie bot weiten Ausblick und war nahezu uneinnehmbar. Reste von alten Erdwällen deuten darauf, dass es hier mindestens in der Wikingerzeit bereits eine erste Befestigungsanlage gab.
Die Klippen bei Hammershus von Süden Hammershus, von Hammerhavn aus Klippen am Hammershus Der (heutige) Abstieg vom Hammershus
 
Ein Landschaftsmodell mit Höhenlinien (präsentiert im 2018 eröffneten Besucherzentrum Hammershus) gibt einen Eindruck von der Kuppe mit ihren sehr steilen Hängen  -  Steilhänge nicht nur zum Meer hin, sondern durch eine die Kuppe umringende, tiefe Schlucht zu nahezu allen Seiten hin. In der Schlucht waren Teiche aufgestaut. Im Mølledalen versorgten sie Wassermühlen, sie erschwerten darüberhinaus Angreifern die Querung der Schlucht.
Das Modell zeigt die Burganlage, ihre mehrfachen Mauerringe, ihre Weitläufigkeit und die verschiedenen Gebäude.
Detailreich und fundiert, mit sehr guten, aussagekräftigen Bildern, wird die Burg beschrieben bei:

Nachfolgend ein paar Bilder aus verschiedenen Reisen für einen ersten Eindruck:
 
 
Der wichtigste Zugang war landseitig aus nordöstlicher Richtung gegeben, aus einem dort rund 57 m hoch gelegenen Gelände. Gleichwohl musste die Schlucht überwun-den werden  - das geschah bis in das späte Mittelalter mittels einer Holzbrücke plus einem Zugbrückensegment.

  Skizze der Burganlage, Quelle: Infotafel am Ort
 
Die heutige Brücke ist ein Ergebnis der Restaurierung ab 1885. Damals war sie verfallen und stark überwuchert. Man erkennt auf dieser Aufnahme (Foto: SK 2003) deutlich die alten seitlichen Widerlager (aus Feldsteinen gemauert) des ersten Baus (mit Mittelteil aus Holz) und den später (vermutlich im 15. Jh.) ergänzten Mittelteil in Ziegelbauweise (mit gotischen Spitzbögen). Hinter der Brücke die Mauerreste des Torhauses. Unmittelbar an diesem war ein Zugbrücken-segment installiert.
Es gab auch einen Zugang von See aus, über den Waren von einem in einer Höhle ankernden Boot (beim Klippenauf-stieg durch Erdwälle gut geschützt) in die Burg verbracht werden konnten, oben durch das Seetor  -  4 m hoch in der Burgmauer neben dem Fuchsturm (Rævetårnet) und nur mittels Holztreppe und Zugbrücke erreichbar  -  in den Schlosshof.
 
Auf dem Weg zur Burg präsentiert sie sich eindrucksvoll: Die aus der umgebenden Schlucht aufragende Kuppe ist eine Naturfestung. Auf einer Wiese vor der Brücke steht ein der Freiheit Bornholms gewidmetes Denkmal Vor der Brücke über die Schlucht: Der alte Fahrweg hatte eine Pflasterung, vermutlich zunächst ein altes Rollsteinpflaster, das in der ersten Hälfte des 16. Jh. mit behauenen Feldsteinen ergänzt bzw. ersetzt wurde. (Aufnahmen: BR und DP)
     
Die Burg war ein für verschiedene Bereiche und Funktionen bedeutender Ort, dem trugen unterschiedliche Gebäude Rechnung. Innerhalb des ersten Mauerrings, noch nah am Eingang, befand sich das Gerichtsgebäude (Tinghuset) mit Gefängnis und Galgen  -  heute nur in Mauerresten vorhanden. Es war dies das einzige Gebäude in einer zweiten östlichen Vorburg, noch nah der Brücke.
Alle Besucher, die weiter zur Burg wollten, ob Freund oder Feind, mussten einen längeren, langsam ansteigenden Weg unterhalb des zweiten Mauerrings hinter sich bringen, um durch ein weiteres gesichertes Tor in die nächste (nördliche) Vorburg zu gelangen. Von dieser  - auch nicht kleinen  - Vorburg führte der Weg durch das Schlosstor (Slotsporten) in den eigentlichen Burghof (Slotsgården). Linkerhand waren Lagerräume: Butter- und Speckkeller sowie der hohe Korn-speicher. Diese Speicher (Magasinerne) wurden während der Lübecker Zeit vergrößert, sie waren für die Hanse von Wert: denn gesalzene Bornholmer Butter und Speck waren lagerfähige und daher nicht unbedeutende Handelsgüter.
 
Die erhaltenen Mauerreste von Butterkeller und Kornspeicher. Blick von der nördlichen Vorburg über die Schlosshofmauer (und den Weg zum Schlosstor) Foto: EF Hinter dem ausladenden Baum verborgen: die entlang der östlichen Schlosshofmauer  gebau-ten Lagerräume (Magazine), sichtbar die Ruine des mehrgeschossigen Kornspeichers. Der östliche Mauerzug mit den Lagerräumen (links im Bild) fand in der Südostecke des Burghofs seinen Abschluss im Blommetårnet (rechts).
Der noch am besten erhaltene Blommetårnet war ein Wachturm, zunächst nicht höher als die Mauer, in die er inte-griert war. Er wurde erst im 16. Jh. unter den Lübeckern in Ziegelbauweise erhöht und mit seinen charakteristischen Treppengiebeln versehen. Die Lübecker bereicherten auch die Burganlage mit insgesamt 5 außen vor die Schlosshof-mauer gesetzten Rundtürmen (Lybækkertårne), weitere vier Türme verstärkten die Ecken des inneren Burghofs. Da-durch wurde die Überwachung und der Schutz der Mauern verbessert. Die Türme waren aus einer besonders starken, mehrlagig aus Feldsteinen gefügten Mauer gebaut. Im dritten Bild unten sieht man rechts neben den niedrigen Mauerresten in das offene Rund eines Lübecker-Turms.
Der Blommetårnet schützte die südöstliche Ecke des Schlosshof-Gevierts.   Entlang der südlichen Mauer, zwischen Blommetårnet und Rævetårnet lagen Pferdestall, Scheune und Kuhstall
(Hestestald, Lade, Kostald). Rechts am Turm ansetzend.
Vorne rechts: die am Blommetårnet ansetzenden Mauerreste der Südmauer,
(= Rückwand des Pferde-stalls) rechts außen Mauer-werk des  Lübeckerturms
Im Überblick:
Wir stehen vor den Resten der Innenmauer des Pferdestalls. Links im Hintergrund der Kornspeicher, weiter rechts der Blomme- tårnet mit Lübecker-Turm und Außenmauer.
(Foto: MB)
Diese bis hierher in ihren vorhandenen Restbeständen gezeigten Gebäude gehören zu dem äußeren Wirtschaftsbereich der Burg. Sie liegen  -  baulich verbunden  -  entlang der östlichen und der südlichen Außenmauer des Burghofs. Die Wirtschaftgebäude an der Westmauer (Schlachthaus, Räucherei, Küferwerkstatt u. a.) waren aus Holz gebaut und sind verschwunden. Lediglich von der Brauerei sind die Fundamente erhalten.

Die innere Burg
(Mantelgården) war der Wohnsitz des jeweiligen Lehnsherren, eine eigene, sehr stark gesicherte Burg im südlichen Teil des Wirtschaftshofes. Die Mauern waren hoch (sie reichten bis ins dritte Stockwerk des Turms) und teilweise extrem dick (2 m an der Ostwand). Der erste, schlichte Bergfried war mehrfach ergänzt und verstärkt  worden, zuletzt im 16. Jh. von den Lübeckern auf sechs Stockwerke erhöht. Auch heute noch dominiert dieser mächtige Manteltårn optisch die Anlage.
Er war der einzige Zugang zum inneren Hof, ein massiver Torturm (im Torraum sogar mit einer Falltür versehen). Neben der Zugangsbewachung und der Aufbewahrung des Waffen-Arsenals (Waffenkammer) diente er weiteren Funktionen: der Inselverwaltung, der Repräsentation und auch dem Wohnen (es gab diverse Wohnräume).

                                                                bearbeitete und ergänzte Skizze der Infotafel am Ort
 
Der Manteltårn (vom Pferdestall aus). Im Farbwechsel erkennbar: Nach 3 Geschossen mit Feldsteinmauerwerk setzten die Lübecker 3 weitere Geschosse mit Ziegelmauerwerk auf.   Die Ruine des Manteltårn im Inneren. Auch hier ist der Materialwechsel  
  erkennbar. Reihen von Balkenlöchern zeigen die Höhe der Zwischen-decken der einzelnen Geschosse an.
Im 2. Stock war - unter anderem - die Schreibstube der Inselverwaltung untergebracht, im dritten der "Alte Saal" für repräsentative Zwecke, im vierten diverse Wohnräume, im fünften die Rüstkammer (die zeitweise auch Gefängnis hoher "Gäste" war. (Aufnahme rechts: MB)
 
Der Innenhof dieser Zentralburg war mit einem Feldsteinpflaster geebnet. Hier der Blick auf den Kirchenflügel  - ein Backsteingebäude mit der Kapelle unten, darüber Gemächer, die dem König im Falle eines Besuches vorbehalten. Rechts der eingerüstete Manteltårn. 
       
Auf der Westseite der Schlossmauer war im 17. Jh. ein Durchgang geschaffen worden, das Wassertor. Heute nur eine Bresche in der Mauer.  Dahinter der zu Restaurationsarbeiten eingerüstete Manteltårn. Ganz links Mauerreste der Brauerei. (Foto: MB) Die Bresche zeigt die Mauerstärke. Grund- sätzlich wurde zwei-schalig gebaut, 1,50m bis 2 m breit, und der Zwischenraum mit Feld-steinen im Kalkmörtel-verbund gefüllt. Die von den Lübeckern vor allem in den Ecken der Festungsmauer  gebauten massiven Rundtürme verbesserten die Verteidigung und  verstärkten den wehrhaften Eindruck der Anlage ungemein, hier der Turm in der Südwestecke. (Foto: DP) Blick auf die Nordwestecke der Zentralburg. Links der Kirchenflügel. Bildmitte: Ein größerer Eckraum diente dem Aufenthalt von Burg-besatzung und Gesinde. Rechts dahinter war die geräumige Küche. Außen die Mauerreste der Brauerei.
       


Wie diese Aufnahmen zeigen, war die Fläche des Burghofs keineswegs eine ebene Ange-legenheit  -  und das Gärtnern (das Gewinnen landwirtschaftlicher Produkte) war nur an wenigen Stellen auf der Kuppe im Bereich der Vorburgen möglich.

                                   Aufnahme rechts: MB
 
 
Ausblicke von der Burg:
nach Osten: Auf- und Abstieg nach Westen (am Hundetårn) nach Norden, zum Hammeren (EF) nach Süden: in das Mølledalen
 

Im Hammershus Besucherzentrum werden in einer Ausstellung viele interessante Details zur Geschichte der Burg präsentiert. Besonders die Blütezeit um 1575 wird dargestellt - das Leben auf der Burg, Alltag, Freizeit, Bauwesen, Gerichtsbarkeit u. a. m..
 
Hinweis:
*  Einzelne ergänzende Fotos wurden freundlicherweise von Matthias Bräunlich (MB), Elke Figaj (EF), Dirk Pittermann (DP), Bernhard Rybicki (BR) von einer gemeinsamen Exkursion 2009 und von S. Kleine (SK) zur Verfügung gestellt.
weitere fremde Bildquellen, aus Wikipedia:
1** https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/34/Ols_Kirche%2C_Bornholm_%282012-07-04%29%2C_by_Klugschnacker_in_Wikipedia_%2813%29.JPG
2**https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/46/Ols_Kirke_Bornholm_2012-10_047.JPG
 
Literatur:
Butzbach J. 2000: 1700 Millionen Jahre Bornholm.  William Dams Boghandel A/S
Deecke W. 1899: Geologischer Führer durch Bornholm.  Verlag Gegr. Borntraeger 
Gravesen, P. 1996: Geologisk set  -  Bornholm. Geografforlaget
Rying B. 1981: Bornholm. Gestalt, Geschichte, Kultur. Wachholtz Verlag
Graversen O. 2010: Structural analysis of superposed fault systems of the Bornholm horst block, Tornquist Zone, Denmark.
Nielsen H. et al. 2010: Lake-mire deposition, earthquakes and wildfires along a basin margin fault; Rønne Graben,
   Middle Jurassic, Denmark in: Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology 292 / 1-2, S. 103-126
 
Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Arch%C3%A4ologischer_Fundplatz_auf_Bornholm
https://www.bornholm-ferien.de/geschichte-bornholm.php (viele Informationen)
https://www.europeana.eu/item/08535/item_J6DZVFTFC5VAU2KOKAZO7IPSVGNWMOAC  zeigt Ansichten, Grundrisse und Schnitte der Bornholmer Rundkirchen Nyker und Østerlars (aus: Atlas zur Zeitschrift für Bauwesen, hrsg. v. Ministerium der öffentlichen Arbeiten, Jg. 51, 1901) von Friedrich Laske (1854-1918, als Zeichner) - Germany - CC0.
http://bornholmsoldtid.dk/vikingetid/hammershus/ (eine sehr detaillierte Beschreibung der Burganlage, die automatische deutsche Übersetzung enthält leider nicht nur sprachbezogene sondern auch sachliche Fehler)
https://www.youtube.com/watch?v=ABwyZvuYUk0 (informativzu Hammershus)
https://www2.skovognatur.dk/udgivelser/1999/hammershus/hammershus.htm.

weitere Infos:
im Velkomscenter in Rønne, www.bornholm.net
im Naturkundemuseum „NaturBornholm“ in Åkirkeby:
https://www.bornholm-ferien.de/erlebniszentrum-naturbornholm.php
 
      zur Übersicht  Im Ostseeraum