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Landschaft - Im Ostseeraum  -  Die Flensburger Förde

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Meierwik  - Quellental  -  Westerwerker See
 
Winzigerhuk Forst Wille Westerwerker See Roikier See
 
Der schleswig-holsteinische Landschaftsraum war in seiner Oberflächengestaltung  -  mit Beginn der großen Eiszeiten auch in relativ kurzen Zeitabschnitten  -  immer erneuten Formungen und Umformungen unterworfen. Diese große Veränderlichkeit liegt natürlich begründet in seinem Aufbau aus Lockergestein (Sand, Kies, Erde).
Auch das schließlich zum Ende der letzten Kaltzeit unter dem abtauenden Eis zum Vorschein gekommene Landschafts-relief aus Gletscherablagerungen und Schmelzwasserschüttungen blieb nicht so erhalten, wie es damals war. Insbesondere in Küstennähe wirkte sich die sofort einsetzende und inzwischen jahrtausendelange Erosion durch Regen, Wind und schließlich Flutung und Wellenschlag so nachhaltig aus, dass wir an vielen Stellen heute nur noch Rudimente der ursprünglichen glazialen Gegebenheiten, insbesondere der Vollformen vorfinden. Das setzt der Landschafts-"Erklärung" anhand von vorhandenen Oberflächenformen Grenzen.
Solche Restbestände größerer Moränen-Zusammenhänge stellen zum Beispiel die Ochseninseln in der Flensburger Innenförde dar.

Auch die Moränenkuppe, die wie ein kompakter "Inselberg", umgeben von wassergefüllten Niederungen, zwischen Meierwik und Quellental unmittelbar am Fördenrand aufragt, lässt manche Fragen offen. Wo hatte sie ihre ursprüngliche Anbindung? Und was hat sie bis heute in dieser Weise bewahrt  -  angesichts der umgebenden Niederungen? Oder anders gefragt: was hat sich um sie herum ereignet?
 
1  Die Moränenkuppe von Meierwik  -  umgeben von wasserreichen Senken
 

  topographische Skizze (vereinfacht)
 
  Blick über die Förde vom Kollunder Wald auf Meierwik
     
Über die weite Wasserfläche der Förde gesehen, wirkt die Silhouette des Meierwiker Moränenkomplexes wenig spektakulär. Denkt man sich jedoch sowohl das Wasser als auch viele Meter Sedimentablagerungen im Fördebecken weg  -  und umgekehrt einiges an abgetragener Höhe auf den Kuppen hinzu, wird die Höhen-Diskrepanz deutlicher. (Das gilt selbstverständlich grundsätzlich für unser gesamtes glazial geprägtes und postglazial erosiv nivelliertes Bodenrelief.)
 
Ein Blick auf die Topographie Angelns zeigt, dass die Meierwiker Moränenkuppe tatsächlich heute relativ isoliert liegt. Weder besteht eine morphologisch erkennbare Anbindung an das südlich gelegene Angelner Moränen-Hochgebiet von Wees, Ringsberg, Munkbrarup usw. (Sehberg-Vorstoß) noch an die späte Endmoränenlage (Nachphase des Sehberg-Vorstoßes) bei Glücksburg - Bockholm - Holnis im Osten. Auf der Landseite ist die Kuppe umschlossen von einer tiefliegenden, kleinteiligen und unklar strukturierten Toteislandschaft, die als ein bewegtes Relief aus kleinen Kuppen und vernässten Senken erscheint. Falls ähnliche Gegebenheiten zunächst auch auf der Nordwestseite (im heutigen Fördebecken) vorgelegen haben, wurden sie durch Schmelzwasserströme und spätere Wasserbewegungen im Verlauf der Flutung des Fördetals gründlich nivelliert.

Schaut man auf den Bodenaufbau des Moränenhügels,  -  wo Kliffaufbrüche oder andere Aufschlüsse etwas davon freigeben  -  zeigt sich ein recht ähnliches Bild wie zum Beispiel am offenen Steilufer der großen Ochseninsel  -  die ja quasi "vis-à-vis" liegt:
Unter vielen Höhenmetern festem Geschiebemergel werden am Kliff-Fuß sandig-kiesige, fluviatile Ablagerungen sichtbar, unter ihnen wiederum liegen lehmig-tonige Schichten. Vereinzelt enthalten sie weiße Muschelschalenreste. Das deutet auf eemzeitliche Meeresablagerungen, aus dem Eem-Interglazial vor der Weichsel-Kaltzeit. Wir haben es hier also in der Hauptsache mit weichselzeitlichen Grundmoräne-Gegebenheiten zu tun, einschließlich einer frühen Phase mit fließendem Schmelzwasser über Ablagerungen aus einer Warmzeit. So ergibt sich (pauschal) das Bild eines Bodenaufbaus (und damit eines Ablagerungsablaufs), den wir an vielen Abschnitten der Fördenküste ähnlich vorfinden.
 
Geschiebemergel Schmelzwasserablagerungen Eemzeitliche Ablagerungen (mit Schalenresten)
 
Die Meierweiker Kuppe gehörte allerdings ursprünglich tatsächlich in den Moränenzug der Sehberg-Eisrandlage (15.000 - 13.000 v. Chr.), der sich nördlich der Förde in dem Höhenzug zwischen Kværs und Gråsten fortsetzt. Ein weiterer Abschnitt dieses Moränenzuges hat sich wie eine Art "Brückenpfeiler" in den Ochseninseln erhalten. Das Tunneltal der Innenförde hat die Ablagerungen dieses großen Moränenzuges von Anfang an unterbrochen bzw. lokal gar nicht entstehen lassen. Was im Einzelnen wie gestaltet gewesen war, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren.
Als später in der Weichsel-Endphase der letzte Eisvorstoß nur noch die Linie Bockholm-Glücksburg-Holnis erreichte, mag sich zeitweise ein Schmelzwassersee in der heutigen Innenförde ausgedehnt haben. Das Schmelzwasser und zusätzlich die damals stark wirksame Erosion durch Regenwasser (Hangrutschungen) setzten den randlichen Talhängen zu. Mit der späteren Flutung des Fördentals (schrittweise ab ca. 7000 v. Chr.) wurden die Talhänge vom Wellenschlag auch an ihrer Basis
angegriffen und brachen in erheblichem Ausmaß nieder. Das lässt sich an den offenen Steilufern, die nichts anderes als angeschnittene Moräne sind, auch heute noch beobachten. Nach und nach entstand das heutige geweitete Fördental.
So kann man sagen, dass manche Einzelheit in der heutigen Landschaft eine Art Landschaftsruine darstellt, den Restbestand eines einst großen Landschafts"gebäudes".

Die Meierwiker Moränenkuppe ist solch ein "Restbestand"  -  und ein sehr ansehnlicher dazu. Sie lädt zum Besuch ein und hält kontrastreiche Landschaftseindrücke bereit:
Auf der Höhe und an den Hängen des Nordteils (Forst Wille) wächst ein schöner, naturnaher Buchenwald, an der Hangkante oft mit bizarren Baumformen (Windschurf). Teile des Waldes sind heute umgewidmet, als RuheForst der Stadt Glücksburg, wobei der Naturcharakter des Waldes erhalten bleibt.
Eine Wanderung am Ufer entlang bietet vielfältige Eindrücke vom Naturstrand sowie der Vegetation am Hang   -  und gewährt schöne Ausblicke über die Förde.
 
Einige Bilder:
Von Meierwik aus führt ein Wanderweg um Winzigerhuk. Im nördlichen Teilbereich wurden im Kontext der militärischen Nutzung (bis in die 1980 Jahre bestehender Marine-Bootshafen) Uferschutzmaßnahmen durchgeführt. Die aufgeschütteten Steine helfen heute den Erhalt des Wanderweges sichern. Eine kleine Geländeplatte am Ort des früheren Bootshafens lädt mit einigen Sitzbänke zum beschaulichen Verweilen ein.  
In einer leichten Geländesenke führt der Weg nun entweder weg vom Strand zur Uferstraße oder alternativ über die bewaldete Höhe der Moränenkuppe (Forst Wille) Richtung Quellental. Wer dem sandigen Ufer folgt, erlebt ein schönes Stück Naturstrand. 
Der an kleinen Geröllen reiche Strand präsentiert eine bunte Fülle unterschiedlichster Gesteine  -  ein Hinweis auf die vielfältige Herkunft der vom Eis aus Skandinavien zu uns transportierten Steine. Wir erkennen jedoch auch viele hier entstandene: Es sind die gelben und roten Ziegelbruchstücke. Sie stammen aus den beiden einst in Meierwik arbeitenden Ziegeleien.
Und immer wieder freut der weite Ausblick auf die Förde  -  gegenüber zur großen Ochseninsel mit ihrer hell leuchtenden Abbruchkante und fördeauswärts Richtung Holnis Kliff. Mit etwas Glück dampft vielleicht gerade die Alexandra vorüber...
Durch Forst Wille führen mehrere Wege. Geht man entlang der Böschungskante, erlebt man eindrucksvoll das Gefälle des Steilufers. Stellenweise ist es ausgekolkt. Aber insgesamt erweist der feste Geschiebemergel sich als erstaunlich widerstandsfähig gegen Auswaschung und Erosion. Der RuheForst Glücksburg hat einen Andachtsplatz eingerichtet, im frühen Frühjahr kann man dort in einem Teppich von Buschwindröschen sitzen.
       
       
2  Quellental 
Das Quellental ist eine kleine Talaue am Fuß des Südosthangs, die von mehreren kleinen Quellen gespeist und von einem kleinen Bachlauf durchflossen wird. Die bekannteste (und den Lokalnamen gebende) Quelle ist die sog. Adelheidquelle. Sie wurde beim Bau des kleinen Restaurant-Gebäudes integriert und erhielt einen eigenen kleinen Quellentempel. Quellental mit seinem kleinen Lokal war lange Zeit ein beliebtes Ausflugsziel. Nach einer Grundsanierung mit Neuaufbau ist es seit 2022 (im Sommerhalbjahr) wieder geöffnet.
Infos zur Vorgeschichte unter https://de.wikipedia.org/wiki/Quellental_%28Gl%C3%BCcksburg%29.
       
       
3  Westerwerker und Roikier See 
Eigentlich wäre die Meierwiker Moränenkuppe (Forst Wille) eine Halbinsel. Denn der Westerwerker See war ursprünglich eine bogenförmig ins Land reichende und sich dort sogar noch gabelnde Bucht. Doch im 13. Jahrhundert siedelten am Ort des heutigen Glücksburger Schloßteichs die Zisterziensermönche des Ryhe-Klosters und stauten in den moorigen Niederungen ringsum mehrere Seen auf, darunter auch den Westerwerker See. Sie errichteten den Damm, der die brackige Meeresbucht von der Förde trennte und in einen Süßwassersee verwandelte.
Das linke Bild zeigt die Blickrichtung über das See-Ende zum Damm und Yachthafen, die Gegenlicht-Aufnahme rechts den Blick umgekehrt von der Fußgängerbrücke am Yachthafen zum Damm. Der Schwan hat für sein Nest seeseitig am Damm einen sonnenwarmen und windgeschützten Platz gefunden  -  der wenige Meter entfernt lärmende Autoverkehr scheint ihn nicht zu stören...
 
       
Wer dem schönen Rundwanderweg vom Parkplatz an der Uferstraße zum Roikier See folgt, wird  -  je nach Jahreszeit und Wetterlage  -  an besonders vielen kleinen Tümpeln und Nassstellen im Wald vorüberkommen. Häufig sind es abflusslose, kleine oder größere vernässte Mulden. Vereinzelt sieht man auch schmale Gräben, die zur Entwässerung angelegt wurden.
 
       
Karl Gripp, bedeutender Geologe und Autor des Standardwerks "Erdgeschichte von Schleswig-Holstein" (1964) beschrieb die Gegend zwischen Meierwik, Glücksburg und Ulstrup als: "...eines der am unruhigsten gestalteten Gebiete unseres Landes, ein zunächst unentwirrbares Durcheinander von Rücken, Kuppen und abflusslosen Senken..." und an anderer Stelle als: "...kleinförmiges, überaus unruhiges Toteis-Einbruchgebiet..." (*1).
Was ist darunter zu verstehen? 

Während der Abtauphase des Landeises im Spätglazial stagnierte die Masse des Eises zunehmend und der mächtige und lange Zeit geschlossene Eisschild zerfiel. Als Toteis werden Eiskörper bezeichnet, die keiner Schubkraft mehr unterliegen, sondern als Resteis liegen bleiben, um langsam nieder zu tauen. Es sind isolierte, unterschiedlich große Eisblöcke insbesondere in Tälern, Rinnen und Senken. Bei den  -  auch jahreszeitlich schwankenden  -  Tau- und Gefrierphasen wurden sie jedoch häufig von Schmelzwasserablagerungen (Sand und Kies) überdeckt oder sogar bei erneutem Vorrücken des Eises überfahren und von jüngerer Grundmoräne überlagert. So unter Boden "verpackt" konnte lange Zeit vergehen, bis sie schließlich vollständig geschmolzen waren. Die ganze Zeit über bewahrten sie im Untergrund auf diese Weise einen Formkörper aus gefrorenem Wasser  -  was dann im Abtauen zum Nachsacken des Bodens darüber führte und Hohlformen im Gelände entstehen ließ.
Toteislandschaften weisen also ein besonders unregelmäßiges Relief auf. Zwischen regellos verteilten Kuppen liegen abflusslose Seen und Moore.
 
Der von den Mönchen ebenfalls aufgestaute Roikier See und die drei kleinen Stauseen auf dem Gelände des Flottenkommandos (großer und kleiner Vogelsee) vervollständigen den Seenring um die Meierwiker Moränenkuppe.
Als ökologisch besonders wertvoll gilt der Roikiersee  -  siehe Hinweis im Info-Text (am See aufgestellte Tafel).
In der Pflanzenwelt hält jede Jahreszeit ihre eigenen Schönheiten bereit  -  das Blühen beginnt mit den zarten Frühblühern: Scharbockskraut, Waldanemone, Sauerklee, Waldbingelkraut...
       
 
Übrigens kann der Rundweg am Roikier See fortgesetzt werden und führt über den Weg "Mittkoppel" nach Meierwik  -  so schließt sich der Kreis um die Meierwiker Moränenkuppe.
 
 
Textquelle (*1): K. Gripp: Die Entstehung der Landschaft Angeln in: Jahrbuch des Angler Heimatvereins 1954, S. 170-184
 
       
 
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