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Landschaft  -  Geologische Fenster  -  Helgoland

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Die Felseninsel Helgoland

Helgoland WestseiteHelgoland von WestenHelgoland SonnenuntergangHelgoland Buntsandstein

Ein Besuch auf dieser exponierten Felseninsel vermittelt eine Fülle unterschiedlichster, möglicherweise tief berührender Eindrücke - vorausgesetzt man geht nicht nur auf eintägige Shopping-Tour, sondern hat die Möglichkeit, mit Muße und Naturliebe abseitigere Winkel und ungewöhnlichere Zeiten zu wählen.


 AusternfischerWindschutzBasstölpelKegelrobben

  Stellen Sie sich Helgoland nicht von Wasser umgeben, sondern inmitten einer weiten flachwelligen Landschaft vor, als gewaltiges, hoch aufragendes Felsmassiv… - so war es noch bis vor rund 4000 Jahren. Damals lag die Doggerbank noch nicht unter Wasser. In der  Eiszeit hatte der Meeresspiegel global mehr als 100 m tiefer gelegen, auf Grund der in Form von Eis gebundenen Wassermassen. Nacheiszeitlich stieg der Meeresspiegel   -  bis zum heutigen Niveau.
Es ist nachzuvollziehen, dass ein solch herausragender Ort die in weitem Umkreis lebenden Menschen veranlasste, ihn für besondere Anlässe und Rituale aufzusuchen:
„Helge Landt“ = Heiliges Land. Der ganze Fels   -  ein großer Opferaltar, er soll dem germanischen Gott Fosite geweiht gewesen sein.
 

Wasser ist für alle Lebens- und Entwicklungsprozesse auf der Erde von elementarer Bedeutung. Auch für das Entstehen und Vergehen von Gesteinen.
Aus der Wirksamkeit von Wasser ist Helgoland im Lauf von Millionen Jahren entstanden, aus der Wirksamkeit des Wassers wird es ganz sicher in (ferner) Zukunft wieder verschwinden.

WolkeMorgenfrühe über der DüneWeite SeeRegenwetter

Salzhaltiges Wasser führte im Erdmittelalter zu mächtigen Salz- und Gipsablagerungen  -  in einem weiten Senkungs-gebiet, das sich zwischen den Shetlands im Westen und Polen im Osten erstreckte.
Ebenfalls Wasser führte später über Millionen von Jahren sedimentreiche Fracht aus den umliegenden verwitternden Gebirgen in dieses dauerhafte Senkungsbecken und ließ Salze, Kalke und Gips unter immer neuen, beständig anwach-senden Sedimentschichten verschwinden  -  die sich zu Muschelkalk, Buntsandstein, Kreide und späteren tertiären Gesteinen verfestigten. Unter dem Druck dieser bis 10 km mächtigen auflagernden Gesteinsschichten gerieten die weicheren, plastischen Salze und Gipse in der Tiefe in Bewegung und drängten, wo tief reichende Bruchzonen es erlaubten, nach oben  -  und sie beförderten dadurch einiges ans Licht, was heute fremd in der norddeutschen Landschaft dasteht.
Helgoland ist auf diese Weise emporgehobenes Land. Der einst in rund 3000 m Tiefe lagernde Bundsandstein ragt nun als einsame Felseninsel hoch aus dem Meer.
 
die "Lange Anna" Abendlicht Morgenlicht
 
Und ist dadurch exponiert, dem Wetter und dem Wellenschlag ausgesetzt. Der weiche, tonige Buntsandstein hat Ähnlichkeit mit dem roten, ebenfalls weichen Sandstein des Grand Canyon. An diesen Felsen lässt sich anschauen, was Verwitterung ist und tut.
Wiederum wirkt also das Wasser  -  jetzt erodierend, lösend und abtragend.
 
verwitternder Buntsandstein  zerklüfteter Fels  heraus präparierte Schichtung  Schutthalde am geschützten Fuß
 
Wir schauen uns das Gestein des Helgoländer Felsens etwas genauer an.
Ein erster Eindruck ist die ausgeprägte Schichtung des Buntsandsteins  -  und seine Schrägstellung. Sie beträgt ca. 200 und geht auf den salztektonischen Aufwölbungsprozess zurück.
Bei der Aufbeulung wurden die aufliegenden Schichten durch eine Verwerfung zerteilt (mit einem Verwerfungsbetrag von mehr als 1000 m). Das führte dazu, dass an der Verwerfungslinie der Untere Buntsandstein und die Kreide auf gleicher Höhe zu liegen kommen. Zusätzlich erfolgte eine Aufschiebung des Zechsteinsalzes, eine Schichtverdoppelung, die mit dann mehr als 3000 m Salzgestein die enorme Hebung des Inselplateaus bewirkte.
 
Geologischer Schnitt des Untergrundes (vereinfacht) Die Westfront von Süden am Medelst Hörn
 


Der im Helgoländer Felsen anstehende Mittlere Buntsandstein besteht aus tonigen Sandsteinschichten (farblich zwischen hellviolett und dunkelbraunrot) im Wechsel mit hellem, mürbem "Katersand". Letzterer ist ein weißlicher, kalkhaltiger und lockerer (bröseliger) Sandstein.
Diese Streifung ist Helgolands Charakteristikum.
An der Basis sichtbar ist die Volpriehausen-Folge mit dunkelrotem, festem Sandstein, darüber folgen die Untere und Obere Detfurth-Folge mit feingeschichteten sandigen und tonigen Lagen. Neben den Katersanden treten im höheren Teil der Detfurth-Folge auch hell-grünlich-graue Lagen auf, die durch Ausbleichung der roten Tonsandsteine entstanden sind.

Nachfolgende Detailbilder des Gesteins im Licht der aufgehenden Sonne, besonders farbintensiv...
 
 
Während der Ablagerungsepoche der Buntsandstein-Sedimente befand sich der damalige deutsche Raum (eingebettet in den Superkontinent Pangäa) auf seiner Kontinentaldrift noch erheblich weiter südlich, in einer kontinental trocken-heißen Zone (Wüstenklima). Insgesamt war das globale Klima heißer als heute, die Pole eisfrei.
In dem großen norddeutschen Senkungsgebiet (s. o.) lagerten sich in weit verzweigten Flusssystemen und flachen Binnenseen Sande, Schluff und Ton ab, herangetragen aus umliegenden Gebirgen. Auch äolische Ablagerungen (Flugsanddünen) entstanden. Heute zeigt die Kalahari in Südafrika geologisch ähnliche Gegebenheiten.
Die Rotfärbung des Sandes wird durch oxydiertes Eisen verursacht.
 
Mit etwas Glück kann man am Fels einigen für den Buntsandstein typischen Strukturen begegnen:
Strömungsrippel werden im sandigen Sediment vom fließenden Wasser hervorgerufen. In sedimentären Gesteinen sind sie ein Beleg für ein früheres Gewässer.
Belastungsmarken entstehen an Schichtgrenzen, wobei die obere überlagernde Schicht dichter als die meist feuchtere und feinere, untere ist. Im Querschnitt bestehen die Strukturen aus einer Abfolge aus ineinandergreifenden Zungen und Loben.
Der Helgoländer Buntsandstein ist (in unterschiedlichem Maß) kalkhaltig. Häufig treten helle kalkreiche Linsen auf. Auslösungsprozesse lassen in ihnen kleine Höhlungen entstehen, die dann Raum für die Ausbildung von Calcit-Kristallen bieten.
Die Wabenverwitterung geht ebenfalls auf Lösungsvorgänge im Gestein zurück. Dabei führt die Wiederverfestigung der gelösten Substanzen zu weichen, gitter- oder wabenartigen Mustern.
Strömungsrippeln Belastungsmarken kalkreiche Linsen Wabenverwitterung
 
Bilder aus einer kleinen, privaten, zeitweise in einem Schulfoyer gezeigten Helgoland-Sammlung veranschaulichen einige Details im Buntsandstein:
Calcitdrusen und Bleichhof ("Fischauge") Rippelmarken und eine "Coelestin"-Druse (Baryt) Trocknungsrisse und etwas Malachit
 
 
Buntsandstein ist arm an Fossilien. Auch Mineralien (außer Calcit & Co.) treten nur wenige und spärlich auf. Anders das Kupfererz.  
Kupfer im Helgoländer Buntsandstein
:
"Insbesondere zeigt der rote bis rotbraune, glimmerreiche, bald stark, bald weniger tonige mittlere Buntsandstein die Kupfererze in relativ großen Mengen in engster kausaler Verkettung mit graugrünen Verfärbungszonen. Die Analysen des Buntsandsteins ergeben wechselnde Gehalte des Kupfers, je nachdem man eine besonders reiche Partie fasst."
(R. Schreiter 1930)
Auf dem Meeresboden in der nahen Umgebung Helgolands wurden in den 1960er und 1970er Jahren verhüttete Kupferbarren in Form großer runder Scheiben gefunden. Ihre Datierung ergab wikingerzeitliches Alter.
Im Museum Helgoland sind die nachfolgenden Exponate ausgestellt: Kupfererz im Buntsandstein, Kupferbarren, Kupfer-Gußkuchen, Schlacke.

 Kupfer-Gußkuchen galten als 
  Zahlungsmittel der Wikinger

  Verhüttungsschlacke aus der
   Kupfer-Verarbeitung
 
Überhaupt kann der Besuch des kleinen Heimatmuseums empfohlen werden. Es bietet viel Sehenswertes und viele Informationen und Ausstellungsstücke zur Entstehung, zur Naturkunde und Lokalgeschichte der Insel.  
Beispielsweise zeigt das Relief sehr gut die Ausmaße des unter Wasser liegenden Felssockels der beiden Inseln, der bei Niedrigwasser teilweise trocken fällt.
Und zur Lokalgeschichte gehört auch das Lebens-ABC des Helgoländers James Krüss.           
  
(Bilder von 2007)
 
Ein Aufräumen in alten Familienfotos brachte das nebenstehende Bild zum Vorschein  -  Helgoland im Jahr 1934, noch mit ursprünglicher Silhouette,
vor dem "Big Bang" (1947), als die Südspitze der Insel weggesprengt wurde.

Diese gewaltige Sprengung hinterließ vielfältige, große Zerstörungen.
Infos z. B. unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Sprengung_von_Bunkeranlagen_auf_Helgoland
   
 
 
Eine andere Welt als es die Felseninsel ist, erlebt man, wenn man mit der kleinen Fähre zur Düne fährt...
Auch hier hilft ein Blick in die Erdgeschichte, um besser zu verstehen.
 
 
 
Über Helgoland gibt es jede Menge lesenswerte Literatur  -  eine kleine Auswahl hier zum Thema Geologie:
Fraedrich, Wolfgang: Felseninsel Helgoland, Springer 2022
Meyn, Ludwig: Zur Geologie der Insel Helgoland, Kiel 1864
Schulz, H. D.: Die Kupferverhüttung auf Helgoland zur Wikingerzeit. Umschau 79 (1979)
Spaeth, Christian: Zur Geologie der Insel Helgoland in: Die Küste 49 (1990), 1 - 32.
Ausgewählte Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/Helgoland
https://epic.awi.de/id/eprint/27310/1/Hns1980a.pdf
https://www.steinkern.de/fundorte/sonstige-bundeslaender/1110-fossilien-von-der-insel-helgoland.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Steinkiste_von_Helgoland

Luftaufnahmen zeigen gut die exponierte Lage der Insel, z.B. auf der Seite http://www.walz-naturfoto.de/galerie_ausgabe.php?sw1=helgoland&vk1=und&sw2=luftaufnahme&vk2=und&sw3=&thumbs=24&seite=1
(Luftaufnahmen) u. a.


 
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