Landschaft - Geologische Fenster - Morsum
Kliff
Morsum
Kliff, Sylt |
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Lägerdorfer Kreidegruben
Das "bunte Kliff" von Morsum
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Das Morsumer Kliff gibt Einblick in die letzten Phasen der
neueren Erdgeschichte vor den quartären Vereisungen. Insofern
ist es das "jüngste" der 5 großen Geologischen Fenster in
Schleswig-Holstein. Seine im Kliff offen liegenden
Gesteinsschichten stellen einen bedeutenden tertiären
Aufschluss dar, der 2006 mit dem Prädikat "Nationales Geotop"
(national geosite) ausgezeichnet wurde.
Gestaffelt liegen schräg
gestellter dunkler Glimmerton, gelbbrauner Limonitsandstein und
weißer Kaolinsand |
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Tertiäre Gesteine lagen zu Beginn der quartären
Eisbewegungen als jüngste sedimentäre Ablagerungen oberflächennah
in einem norddeutschen Meeresbecken.
Sie wurden durch das vordringende Eis vielerorts in
Schleswig-Holstein in Schollen gestaucht, auch aufgenommen und
mitgeschleppt. Im Untergrund von Morsum konnte unter der
glazialen Bedeckung eine
"bogenförmig aufgeschuppte Stirnmoräne" aus tertiären
Gesteinen (Gripp 1964)
festgestellt werden. Sie wurde im Bereich des heutigen Kliffs durch die Küstenerosion angeschnitten und zeigt uns nun im Kliff
etwas von ihrem inneren Aufbau. |
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Drei stratigraphische Formationen können voneinander
geschieden werden.
Sie zeigen sich dem Betrachter in unverwechselbarem
Farbkontrast. Die charakteristische Dreifarbigkeit hat dem Kliff
den Beinamen das "bunte Kliff" gegeben. Auch der ungeschulte
Betrachter kann den schwarzgrauen Glimmerton, den gelbbraunen
Limonitsandstein und den hellen Quarzsand leicht unterscheiden.
Diese drei Formationen wiederholen sich in gestaffelter Lagerung.
K. Gripp unterscheidet 5 "Schuppen", die am Ost- und am Westende
des Kliffs allerdings jeweils nur rudimentär zur Erscheinung
kommen. Die 2. und 3. Schuppe (i. a. als Ost- und Hauptscholle
bezeichnet) bestimmen
hingegen aufragend das Kliffprofil, während die 4. und 5.
Schuppe (Mittel- und
Westscholle) bereits wieder unter der Moränenabdeckung abtauchen.
Von letzterer wird nur der Limonitsandstein punktuell als Härtling sichtbar.
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schematische Skizze zur
Entstehung des Morsumer Kliffs
(im naturkundlichen Zentrum Braderup) |
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2 Wanderwege bringen uns dem
Kliff näher:
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Wer auf dem Wattwanderweg von Morsum aus ostwärts wandert,
stößt als erstes auf einen flach aus dem Boden ragenden Riegel
aus gehärtetem, rostbraunem Sandstein: es ist Limonitsandstein
(Brauneisenstein) der Westscholle (5. Schuppe) - auf Grund seiner
aus dem Grund ragenden Form lokal gern als "Walfischrücken"
bezeichnet. Limonitsandstein ist ein fein- bis mittelkörniger
Quarzsand, der durch Brauneisen verkittet ist. (Der weißliche
Belag auf dem Detailbild ist Flechtenbewuchs.) |
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Im Weiterwandern tauchen in der Ferne die hellen Sandflächen des
Kliffs auf.
Im Hintergrund ist der Hindenburg-Damm zu sehen, den gerade eben ein Zug überquert.
Wer es übrigens auf sich nimmt, zum Sonnenaufgang am Morsum-Kliff
zu sein
(sehr empfehlenswert), sieht den Sylt-Shuttle nahezu ohne Pkws
fahren.
Dann ist er mit Lkws beladen, die die Insel mit dem nötigen
Nachschub für den kommenden Tag versorgen. |
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Innerhalb der 3. Schuppe liegt die (pliozäne) Feinsandsenke von "Klein-Afrika".
Gerahmt von Flugsanddünen bildet sie ein Dünental, das häufig
ungewöhnlich hohe Temperaturen aufweist (daher der Name).
Geröllhorizonte (Bild rechts) treten mehrfach am Morsumer Kliff
auf, sowohl aus glazialem Ursprung innerhalb der obenauf
liegenden, flachen saalezeitlichen Moränenbedeckung als auch innerhalb des
Kaolinsandes - dann aus präglazialer, fluviatiler
Ablagerung aus der Zeit, als ein großes
baltisches Flusssystem Sand- und
Kiesablagerungen in den schleswig-holsteinischen Raum beförderte
(darunter auch die Kaolinsande).
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Nahe einer Überschiebungsbahn liegen Brocken von limonisiertem Kaolinsand.
Das ist heller, feiner Quarzsand,
der mit dunklen Eisenausfällungen durchsetzt ist. Unterhalb des
Verwitterungshorizontes werden Brodelböden sichtbar. Sie
entstanden durch das wiederholte Auftauen und Gefrieren der
oberflächennahen Schicht im Permafrostboden. |
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Im Weitergehen wird der Blick frei für die
Staffel der 2. Schuppe (Hauptscholle) mit ihren Farbkontrasten
(siehe Bild ganz oben). Die nach links schräg einfallenden
Schichten des Limonitsandsteins sind von nun an besonders gut zu
betrachten. |
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Wir nehmen die drei Ablagerungsformationen etwas genauer in
Augenschein:
Zunächst ein Vorkommen des dunklen Glimmertons (2.
Schuppe bzw. Hauptscholle) aus dem
Obermiozän. Er ist die älteste der in Morsum aufgeschlossene Schichten
und wird auf etwa 10 Mio. Jahre datiert. Glimmerton ist ein
(nass) sehr dunkler, weicher Ton aus Meeresablagerungen der
Urnordsee, allerdings aus schlammigen Stillwasserzonen, der
viele feinste Glimmerblättchen enthält. Getrocknet wird er
hellgrau.
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Der anschließende Limonitsandstein und die jüngeren
Feinsande gehen auf Sedimente zurück, die in Strandnähe zur Ablagerung gekommen sind (vor 4 - 6 Mio.
Jahren).
Der Limonitsandstein ist ein Quarzsand, der durch eisenhaltige
Lösungen verkittet wurde. Verwitterungsvorgänge (Ausfällungen)
ließen Bankungen und eisenreiche, schalige Konkretionen
entstehen.
Ausgespülte, schüsselförmige Bruchstücke davon finden sich am Fuß des
Kliffs (sie werden traditionell als "Geschirr der Unterirdischen"
in einen geheimnisvollen Kontext gestellt).
Das 2. Bild in der oberen Reihe zeigt einen Pseudoeiskeil: das ist eine im
gefrorenen Boden entstandene Spalte, in die von oben her anderes
Material (hier hellerer Feinsand) gespült wurde.
Die mit Eisen angereicherten Bänke im Limonitsandstein können
durchaus als Eisenerz angesehen
werden. Es gab in Morsum Verhüttungsversuche. |
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eisenhaltiger
Limonitsandstein |
Limonitsandstein |
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Der Sylter Kaolinsand (2 - 3 Mio. Jahre) stammt aus präglazialen
fluviatilen Ablagerungen. Er wurde durch ein großes,
wasserreiches Flusssystem aus dem baltischen Raum herangeführt
und großflächig auch im weiteren schleswig-holsteinischen Raum
abgelagert. Zugänglich ist er heute nur noch an wenigen Stellen,
z. B. am Morsum Kliff. Er besteht aus hellem Quarzsand mit einem
zumeist abbauwürdigen Anteil an verwittertem Feldspat (Kaolin =
Porzellanerde). |
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links oben in den schrägen
Schichten:
Kaolinsand |
Feinsand mit Bruthöhlen
der Seeschwalben |
Kaolinsand |
Übergang vom
Kaolinsand zum rostbraunen Feinsand |
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Ein zweiter (bekannterer) Wanderweg ist der vom Nösse-Parkplatz
aus startende und dort mit einer hilfreichen Infotafel versehene
Rundweg.
Er führt zunächst über das Flugsanddünengebiet der Morsumer
Heide zu Aussichtspunkten an der Kliffkante. Auch in diesem
allerjüngsten (rezenten) erdgeschichtlichen Gelände lassen sich
interessante geologische Phänomene in Augenschein nehmen.
Die Morsumer Heide mit
Flugsanddünen |
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Nacheiszeitlich abgelagerter
feiner Flugsand
über festem Geschiebemergel |
geschichtete Ablagerung in Flugsanddünen |
Kreuzschichtung im Flugsand |
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Der Rundweg führt nun entlang der Kliffkante nach Osten
und vermittelt immer neue Eindrücke des schönen (malerischen)
Kliffs. Am Ostende erfolgt der Abstieg zum Strand. Dort stoßen
wir auf den Wattwanderweg und können aus der Nähe betrachten,
was zuvor ein Panorama gewesen war. Durch das Dünental "Klein
Afrika" führt der Rundweg wieder auf die Höhe und zum Parkplatz
zurück.
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Wind und Wasser arbeiten unvermindert an und mit dem
Bodenmaterial, sorgen für Abtrag und Aufbau. |
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Winderosion im Feinsand |
Windrippeln im Flugsand |
geschichteter Wattboden
(Aufschlickung in rhythmischer Sedimentation) |
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Das Morsumer Kliff ist ein fragiles Kliff. Es steht zu Recht
unter strengem Schutz. Betreut wird es mit anderen
Naturschutzgebieten auf Sylt von der Naturschutzgemeinschaft
Sylt e. V. |
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Limonitsandstein und Kaolinsand der Hauptscholle |
Ausblick von der Besucherplattform |
Blick vom Rundweg nach Westen |
zum Überblick Geologische
Fenster