Logo

Berichte  -  Reisen 

Südwestschweden | Bornholm | Bohuslän | Dalsland

Westschweden  -  die Askersund-Suite

 

Die Granite im Askersund-Gebiet, Örebro Län

 

  Der Vättern-See füllt die Senke eines alten, vor etwa 600 Millionen Jahren erfolgten Grabenbruchs. Damals folgte der Riss im Grundgebirge einer uralten "Naht" im westschwedischen Anwachssaum des alten Baltica-Kontinents, am heutigen Ostrand des Sees.
Die hochstehenden Magmatite am Nordwest-Ufer zwischen Karlsborg und Askersund sind der Rand eines während der Bruchbewegungen steil gestellten, in sich noch mehrfach gebrochenen, krustalen Plattensegmentes.
Die Suite der Askersund-Granite (im Nordwesten des Vättern) wird dem TIB und somit den Filipstad-Graniten zugerechnet. Es gibt allerdings auch neuere Standpunkte, die sich auf aktuellere Datierungen der SGU mit differenzierteren Zeitangaben für die Sequenz der westschwedischen (svekonorwegischen) Orogenese berufen. Demnach sind die Granite im Askersund-Gebiet etwas jünger und genetisch nicht unmittelbar zum TIB und somit auch im engeren Sinne nicht zum Filipstad-Granitstreifen gehörend. "However, the c. 1.85 Ga rocks should preferably not be included in the TIB because they form a tectonically distinct crustal unit (the Askersund suite)"( Åhäll u. Larson, 2000).
Sie zeigen jedoch in vielen Punkten Übereinstimmungen mit anderen Filipstad-Graniten.
   geokarte Askersund
 Karte mit freundlicher Erlaubnis aus:
 www.kristallin.de
 
 
Die nachfolgenden Beispiele geben Varianten der Suite wieder  -  von stark deformierten, dunkelgrundigen Formen im Norden zu grobporphyrischen Augengraniten und Monzoniten südlich Askersund, die wiederum in deformierte, mafitreiche Formen im Süden des Granitgebietes übergehen.
 
     
 
Ein kleiner Aufschluss im Norden des Askersund-Granitgebietes, Vretstorp, 10km NW Askersund
Lok. 36
Aufschluss Askersund-Granit Askersund-Granit, anstehend Askersund-Granit, anstehend
Askersund-Granit Askersund-Granit, Ausschnitt Askersund-Granit Askersund-Granit
Das hier anstehende dunkle Gestein lässt wenig Nähe zum Filipstad-Granit erkennen, eher scheint eine Verwandtschaft mit den deformierten Augengraniten aus dem Göteborg Län oder mit dem dunklen Kroppefjäll-Granit aus Dalsland zu bestehen. Der Habitus zeigt deutliche Deformation: mit undeutlichen, aufgelösten Korngrenzen der reichlich vertretenen Plagioklase, in der durch Alteration geprägten Farbigkeit der Feldspäte (rot-orange), im (wenigen)zuckerkörnig granulierten Quarz, in den fleckig gemaserten Mega-(Misch?)Kristallen. Die das Gestein sehr dominierende mafische Matrix aus feinem Biotit und (nach Literaturangaben) Chlorit ist vielfach verschliffen. Auffallend sind schnurförmige Einlagerungen aus leuchtend rotem, fein granuliertem Plagioklas (micr.), teilweise umranden sie mittelgroße (bis 1,5cm) Feldspatkristalle. Sie geben dem Gefüge eine charakteristische Farbigkeit.
       
Aufschluss gneisiger Askersund-Granit gneisiger Askersund-Granit gneisiger Askersund-Granit gneisiger Askersund-Granit
Wenige Kilometer westlich zeigte ein weiterer kleiner Aufschluss ein noch stärker gneisgranitisch deformiertes Gestein, mit linierten Feldspat-Megakristallen in einer dunklen, monzonitischen Zwischenmasse.
Diese Lokalität liegt nahe der Nordwestgrenze des Askersund-Vorkommens, sodass es sich hier um eine Übergangsform zu den Gneisgraniten und Gneisen der Protoginzone handeln kann.
  Ein ebenfalls sehr dunkler 
  porphyrischer Granit am 
  Nordrand 
  des Askersund-Vorkommens.  
 
       
   
  Ein größerer Straßenaufschluss
7 km westlich von Askersund
liefert weiteres gutes  Anschauungsmaterial für einen dunkelgrundigen grob-porphyrischen Askersund-Granit

Lok. 37 
Straßenaufschuss westlich Askersund Askersund-Monzonit Askersund-Monzonit Askersund-Monzonit
  Askersund-Monzonit Askersund-Monzonit, Ausschnitt Askersund-Monzonit, Ausschnitt  
Große, oft gerundete oder unregelmäßig geformte, korrodierte perthitische Kalifeldspat-Megakristalle (bis 7cm) liegen weitgehend richtungslos in einer schwarzen Zwischenmasse; sie sind von vielen, meist 0,5mm großen Plagioklaskristallen begleitet, oftmals umrandet, die bei Verwitterung einen deutlichen, hellen Saum um die Kalifeldspäte entstehen lassen. Die Zwischenmasse besteht aus  frischen, kreuz und quer liegenden Biotitblättchen und klarem Quarz, der in unregelmäßigen Formen zwischen den Biotit geflossen erscheint.
     

Südlich von Askersund wurden (Herbst 2009) umfangreiche Trassenbaumaßnahmen durchgeführt. Wenn die Zeit es mir erlaubt hätte, wäre es sicherlich ertragreich gewesen, der frei gesprengten Trasse in ganzer Länge zu folgen und wiederholt Proben zu nehmen. (Aber die Fähre in Göteborg hätte nicht auf mich gewartet.) So ist hier nur eine Lokalität wiedergegeben, ca. 4km südlich Askersund. Lok. 38             (Geländeaufnahmen im schattigen Abendlicht).
Trassenbaustelle südlich von Askersund Askersund-GranitTrassenbaustelle Askersund-Granit, Trassenbaustelle porphyrischer Granit, südlich Askersund
Askersund-Granit, Trassenbaustelle Askersund-Granit Trassenbaustelle Askersund-Granit, Trassenbaustelle Askersund-Granit, Trassenbaustelle
skersund-Granit, Trassenbaustelle Askersund-Granit, Trassenbaustelle Askersund-Granit, Trassenbaustelle Askersund-Granit, Trassenbaustelle
 
Die Proben dieser Lokalität zeigen ein Gefüge, das wir oftmals im Geschiebe mit dem "Filipstad-Granit" verbinden:
die charakteristische Farbigkeit der vielfach sehr großen, breitrechteckigen oder unregelmäßig gerundeten Kalifeldspäte
(teilweise sind Karlsbader Zwillinge zu erkennen), ergänzt
durch weißgelbliche oder orange imprägnierte, kleinere Plagioklase
sowie die netzartig angeordneten schwarzen Aggregate.
Der graue Quarz bleibt unauffällig, obwohl viel davon zwischen den Feldspäten vorhanden ist.
Es gibt hier im Wesentlichen zwei Ausprägungen:
eine Form mit eher länglichen, roten Kalifeldspäten, weißgelblichen oder auch rötlichen Plagioklasen (die oft kaum unterscheidbar mit den Kalifeldspäten verzahnt sind) und eine Form mit großen, violetten Kalifeldspäten, die abgerundete, nahezu quadratische Formen annehmen können  -  sowie Mischformen mit roten und violetten Feldspäten.
Lok. 38
Askersund-Granit, angefeuchtet
  Im angefeuchteten Zustand kommt das
  Gefüge noch farbkräftiger zur Erscheinung.
 
         

Die folgenden Proben stammen von einem Straßenaufschluss einige Kilometer weiter südlich, ca. 4,5km nördlich von Olshammar (vergl. Zandstra, Platenatlas Nr. 201).
Es handelt sich um einen violettgrau-rötlichen, porphyrischen Quarzmonzonit mit vereinzelten, plagioklasgesäumten, sehr großen Feldspat-Megakristallen. Bei Verwitterung treten verstreute, roséfarbene, mittelgroße Kalifeldspäte stärker rötlich hervor.                        Lok. 39
Aufschkuss N Olshammar Askersund-Granit N Olshammar Askersund-Granit N Olshammar
Askersund-Granit N Olshammar Askersund-Granit N Olshammar Askersund-Granit N Olshammar Askersund-Granit N Olshammar
Die erste Gesteinsprobe beinhaltet einen violettgrauen Kalifeldspat (1,5 x 3,5cm), der eingebettet ist in einen Sammelkristall aus nahezu gleichgerichteten, schmalen, hellgrauen Plagioklasen. Daraus entsteht eine Plagioklas-Korona in einer Breite von mehr als 1cm. Im frischen Bruch sind in der dunklen Zwischenmasse insgesamt wenig rötliche Farben zu sehen (Imprägnierungen in den Feldspäten).
Askersund-Granit bei Bodaberg Askersund-Granit bei Bodaberg Askersund-Granit bei Bodaberg Askersund-Granit Bodaberg
 Ein zweites, etwas helleres, blauquarzhaltiges Handstück,
 mit grauweißlichem Plagioklas und mit wenig rötlichen Farbtönen.
 
  Ein loser, angewitterter Stein am Straßenaufschluss zeigt die 
  eintretenden Farbveränderungen.
   

Etwa 4km SW Olshammar zeigt ein dunkler, monzonitischer Granit eines Straßenaufschlusses wieder mehr Alterationsfarben und Deformationserscheinungen.  Lok. 40
Askersund-Granit S Olshammar Askersund-Granit S Olshammar Aufschluss S Olshammar Askersund-Granit S Olshammar
  Erste Probe: Ein großkörniger, quarzarmer, porphyrischer Granit mit
  rötlichen Plagioklassäumen um bräunlich-violette Kalifeldspäte.  
 Zweite Probe: Angefeuchtet sind die rötlichen Alterationsfarben 
 (Ringbildung um die großen Kalifeldspäte) im undeutlich
  verzahnten Gefüge gut zu erkennen.
Askersund-Granit S Olshammar Askersund-Granit S Olshammar Askersund-Granit S Olshammar Askersund-Granit S Olshammar
  Viele grauviolette, breite Kalifeldspäte (rechtes Bild), häufig mit Einlagerungen von Biotit und rotem Plagioklas. Der Plagioklas ist weißgrau 
  oder rot. Sehr wenig grauer Quarz. Der feinkörnige Biotit bildet bandartige Aggregate um die Feldspatkomplexe und durchzieht auf diese
  Weise netzartig das Gestein.
 
 

Ähnlich dem nördlichen, stark deformierten Askersund-Granit finden wir am Südrand des Vorkommens einen deformierten Monzonit mit großen, gerundete Feldspataugen in einer sehr mafitreichen Zwischenmasse.     Lok. 41
2. Straßenaufschluss S Olshammar südlicher Askersund-Granit südlicher Askersund-Granit südlicher Askersund-Granit
südlicher Askersund-Granit südlicher Askersund-Granit südlicher Askersund-Granit südlicher Askersund-Granit
Das dunkle Gestein zeigt deutliche Deformationserscheinungen: verschliffene, aufgelöste Kristallformen und ein flaserig gneisartiges Gefüge. Die größeren (runden oder gerundet rechteckigen) Feldspäte sind trübe und inhomogen gemasert. Quarz ist in geringen Spuren vorhanden, in kleinen ausgezogenen Linsen.
 
 

Der letzte von mir aufgesuchte Aufschluss, wenige Kilometer N Karlsborg, stellt ein kleines, gesondertes Vorkommen dar, durch eine mit Metasedimenten gefüllte Senke von den nördlichen Vorkommen getrennt.      
Es ist der bei Hesemann als Vikaskog-Granit beschriebene Gneisgranit.                                            Lok. 42
Aufschluss N Karlsborg Vikaskog-Granit, N Karlsborg Vikaskog-Granit, N Karlsborg Vikaskog-Granit, N Karlsborg
Vikaskog-Granit N Karlsborg Vikaskog-Granit, N Karlsborg Vikaskog-Granit N Karlsborg verwitterter Vikaskog-Granit
Er zeigt hellrötliche, gerundet rechteckige Kristalle aus perthitischem Feldspat (bis 3cm), deren Außenlinie oft besonders klar durch sehr feinkörnige, mafische Aggregate konturiert ist, verstärkt durch staubförmige Oxydationsprodukte auf den Grenzflächen. Viel milchweißer oder hellgrauer Quarz infiltriert die Zwischenräume, hin und wieder linsenförmig ausgezogen und leicht granuliert. Es treten erste Ansätze zu wellenförmigen Trennflächen im Gefüge auf. Plagioklas ist ohne weitere Hilfsmittel nicht eigens festzustellen.                    Bild rechts unten: angewittert
       
       
Das Granitgebiet südwestlich von Askersund, bekannt durch den Nationalpark Tiveden, ist eine wild zerklüftete Felsenlandschaft. Die eiszeitliche Erosion hat das während alter tektonischer Prozesse zerrissene Areal bloß gelegt und alles nicht Widerstandsfähige abgeräumt, sodass Spaltentäler, schroffe Felswände und Blockhänge mit gewaltigen Erratica eine noch heute eindrucksvolle Naturlandschaft schufen. Die Gegend war in Südschweden noch bis weit in die Neuzeit ein Refugium für Wölfe, unbewohnt und nur für die Holzkohlegewinnung genutzt.
Aber es gibt auch sanfte Bilder...
Sjösjön Wildes Tiveden Wolfsklamm Tiveden Fagertärn
  am Sjösjön    nahe der Wolfsklamm     Eingang zur Wolfsklamm  vor Sonnenaufgang am Fagertärn 

 

Literatur u. a.: J. Hesemann: "Kristalline Geschiebe der nordischen Vereisungen"
                     Smed/Ehlers: "Steine aus dem Norden"
                     J. G. Zandstra: "Noordelijke Kristallijne Gidsgesteenten" und "Platenatlas van noordelijke kristallijne
                                        Gidsgesteenten" (z. B. in der deutschen Übersetzung, siehe www.kristallin.de)
Info zum Nationalpark Tiveden:
http://tiveden.se/download/18.6b431c80116fbf7c64e80001216/Rundslinga_Tiveden_TY.pdf

                

                                                                                                         zurück zu Westschweden